Gibt es in Japan eine Energiewende? (Update: 2014-04-11)

Am Dienstag, den 8.4.2014, fand im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie in München eine interessante Präsentation zum Thema „Erneuerbare Energien in Japan: Kommt die Wende?“ statt, die von Frau Annette Bossler vorgetragen wurde und sich nicht nur auf Japan bezog, sondern auch generell das Thema Energieversorgung und dazu aktuelle Trends weltweit ansprach.

Die Herausforderungen in Japan sind – ähnlich wie in Großbritannien, wegen der Insellage – durchaus speziell und nicht unbedingt übertragbar auf andere, vor allem Festland-bedingte und sehr vernetzte Installationen. Erschwerend kommt hinzu, dass die zehn in Japan bestehenden Stromanbieter, EPCO’s genannt, weitestgehend autark handeln, in zwei unterschiedlichen Netzen arbeiten (50/60Hz) und Umspannwerke zwischen den Netzen oftmals schlichtweg nicht vorhanden sind. Allerdings ändert sich dies nun und auch eine separate Betreiberfirma für die Netze scheint möglicherweise gegründet zu werden.

Eine sehr interessante Zahl, wenn nicht sogar die interessanteste Zahl des Abends, die ich von dem Vortrag mitgenommen habe, war der Anstieg des Flüssiggasverbrauches Japans seit der Erdbeben-, Tsunami- und anschliessenden Nuklear-Katastrophe in Fukushima-Daiichi im März 2011: 37%. Japan kauft weltweit 37% des Flüssiggases auf um daraus vornehmlich Strom zu erzeugen. Das muss man erst einmal verinnerlichen. Knapp 128 Millionen Menschen verbrauchen 37% der weltweiten Flüssiggasproduktion. Das bedeutet dass – über den Daumen gepeilt bei knapp 7,2 Milliarden Menschen – die restlichen 7 Milliarden Menschen „nur“ 63% des Flüssiggases/LPG verbrauchen. Wow, diese Zahl hat mich, wie man unschwer erkennen kann, tief beeindruckt. Ähnlich würde es UK, Frankreich oder Deutschland wohl treffen, sollte es zu einem (oder mehreren) sog. Super-Gau’s kommen.

Dennoch gab es weitere interessante Fakten, auch im speziellen zu technischen Entwicklungen Japans im Bereich der Erneuerbaren Energien: So gab es wohl schon seit längerem Forschungen japanischer Firmen in den Bereichen der Offshore Windenergie, aber da vor 2011 zumindest national kaum in den Bereich investiert wurde, verschwanden die Pläne erst einmal in den „Schubladen“ der Forscher/Firmen. Diese wurden nun allerdings flux herausgezogen und Japan steht plötzlich mit an der Sperrspitze der technischen Entwicklungen („weltweit erstes schwimmendes Umspannwerk“), die Siemens und Co. in Europa zu verlieren drohen, wenn Sie weiterhin nur auf fix installierte Systeme setzen – im Gegensatz zu den „floating Offshore“ Windanlagen die Japan, aber auch von US-amerikanische Unternehmen wegen der Notwendigkeit Ihrer lokalen Märkte entwickelt und benötigt werden.

Neben Wind- wurden und werden weiterhin auch viele Solarkraftwerke installiert sogar mit +100MW-Kapazitäten (zum Vergleich, Gaskraftwerke sind bei +500MW und Atomkraftwerke bei etwa 1000MW/1GW angesiedelt) und japanische Firmen wie Kyocera oder auch Sharp sind ebenfalls stark in diesem Geschäft vertreten, allerdings sind – vor allem für Großanlagen – die Flächen in Japan durchaus begrenzt.

Die Kommerzialisierung von Gezeiten/Meeresströmung/Wellen Kraftwerke seien noch 5-8 Jahre entfernt, allerdings sehr gut kombinierbar mit Windkraftwerken, ein Lichtblick vielleicht – für das nächste Jahrzehnt leider erst.

Geothermie könnte noch etwas ausgebaut werden aber negative Berichte, unter anderem aus Neuseeland, lassen den Nutzen im Moment nicht greifbar erscheinen.

Sehr wichtig, nicht nur für Japan, seien SmartGrid und SmartCity-Entwicklungen, CoFireing-Kraftwerke und unterschätztes Potenzial haben wohl auch noch Biomasse-Kraftwerke vor allem auch mit Abfällen aus Städten (man denke nur an den Grossraum Tokyo), aber auch der Lebensmittelindustrie.

Frau Bossler, fasste die Entwicklung in Japan so zusammen: „Eine Energiewende wird es in Japan nicht geben, aber einen Wandel“ – und dieser hat, allen Anschein nach auch bereits angefangen zu greifen. Dennoch werden wohl leider über ein dutzend Atomkraftwerke wieder beantragen ans japanische Netz Strom liefern zu dürfen umd die benötigte Energie zu liefern und weniger abhängig zu werden von dem Flüssiggas – ein kalter Entzug wird wohl nicht umgesetzt, allen Argumenten dagegen zum Trotz.

In diesem Sinne und mit denselben Gedanken für die weltweite Entwicklung erneuerbarer Energien, Wind sowie Sonne können nur einen Teil der Energie liefern die wir alle – mich inklusive – brauchen (und wollen!?!). Das heißt wir müssen breiter streuen und Alternativen suchen, einige sind oben genannt, Frau Basler wird an Ihren Lösungen arbeiten und weiter beraten und auch Solartagebuch.de wird weiter informieren – stay tuned 🙂

Update: Netterweise hat mir Frau Bossler eben geschreiben, dass Sie die Präsentation zu Ihrem Vortrag online gestellt – nicht verpassen!